Aufregend, aufwendig, motiviert – ein Interview mit Pauline über ihr Filmprojekt

Beschreibe dein Filmprojekt kurz.

Wir filmen Herrn Pokorny, der in seinem Wochenendhaus viele verschiedene Modellbauten geschaffen hat. Er hat zum Beispiel die Titanic und Schloss Neuschwanstein gebaut und einen Orientexpress-Wagon an sein Haus angebaut. Auch sein ganzes Haus ist voll mit kleinen Schätzen und interessanten Gegenständen. Jetzt möchten die Vermieter das Haus wieder zurück haben, weshalb er zurzeit nicht weiterbauen kann. Wir wollen sein Haus und ihn porträtieren und somit diese Situation festhalten. 

 

 

Wie bist du auf deinen Protagonisten gekommen?

Er wohnt bei mir im Dorf, wo ich schon seit meiner Kindheit wohne. Man kennt dort seine Bauten, weil sie recht auffällig sind und durchaus auch eine kleine Attraktion, die man Leuten beim Spazierengehen zeigt. Er ist immer schon recht offen gewesen und hat gerne seine Sachen gezeigt, hat mich in seinem Garten spielen lassen, als ich ein Kind war, und so. Da dachte ich mir, dass er bestimmt auch offen genug wäre, unser Protagonist zu sein.

 

Wie war der erste Kontakt und wie hat es sich entwickelt?

Es war schwer, weil ich mir vorher nicht genug Zeit genommen habe. Ich habe etwa eine Woche bevor wir einen Protagonisten gefunden haben sollten, versucht ihn zu erreichen – was nicht geklappt hat, weil er zu dem Zeitpunkt gerade in der Reha war. Aber als ich dann mal mit ihm im Gespräch war, war es eigentlich sehr einfach, weil er ein sehr offener Mensch ist.

 

War er sofort bereit, sich filmen zu lassen?

Ja, er ist nicht sehr kamerascheu. Er hat auch schon Leute auf seinem Gelände Hochzeiten feiern lassen und selbst Partys dort veranstaltet, und da wurde auch schon öfters gefilmt.

 

Was hat dich an der Person am meisten interessiert?

Mich hat interessiert, wie man so viel Arbeit in so eine Leidenschaft reinstecken kann. Und wie man das neben einem ganz normalen Job und einer Familie hinkriegt, große Dinge zu schaffen und mit so viel Motivation an so eine Arbeit heranzugehen.

Hat das Thema was mit dir zu tun?

Ja, ich glaube, dass diese Themen alle Menschen betreffen, weil jeder irgendwo Ziele und Leidenschaften hat und irgendetwas erreichen möchte. Aber nicht viele Menschen stecken so viel Arbeit und Energie rein, wie der Herr Pokorny.

 

Was gefällt dir an dem Protagonisten besonders gut?

Ich mag die Tatsache, dass man denken könnte, dass er so ein bisschen verrückt ist. Und dass er von seinen Ideen so überzeugt ist. Wenn er eine Idee hat, zu der viele sagen: Du spinnst doch total, das ist doch total der Schwachsinn! – Da steht er trotzdem dahinter, zieht es durch und steht zu seinen Phantasien und Ideen. Das gefällt mir sehr gut.

 

Was habt ihr vor dem Dreh alles vorbereitet?

Mit ihm haben wir gar nicht so viel besprochen. Wir haben nur vor dem Besuch in der Reha abgesprochen, wie wir zu ihm kommen, wie man da filmen könnte, wie wir dort unser Equipment aufbauen könnten und so.

Mit Anna, meiner Partnerin, habe ich hauptsächlich besprochen, was wir ihn fragen, wer welche Aufgaben an der Kamera und am Ton zu übernehmen hat, wer mit ihm redet und ganz generell, wie wir an die Situation herangehen wollen – mit welcher Einstellung.

 

Was muss man beachten, wenn man einen Dreh vorbereitet?

Man sollte sich die Kamera vorher gut ankucken und sich nicht erst vor Ort das erste Mal mit ihr vertraut machen, weil man sonst sehr überfordert ist. Man sollte auch zumindest einen groben Plan haben, aber auch gewillt sein, den Plan wieder umzuschmeißen, wenn sich die Situation ändert.

Wie bist du mit der Technik (Kamera,Ton,…) zurecht gekommen?

Beim Dreh ging es eigentlich, wir waren ganz zufrieden. Aber danach haben wir festgestellt, dass unsere Aufnahmen ein paar kleine Mängel hatten, was uns natürlich geärgert hat. Im Nachhinein betrachtet ist es aber auch klar, dass es diese Mängel geben musste, weil uns noch der ganze Input zur Kameratechnik gefehlt hat.

 

Gab es eine konkrete Schwierigkeit?

Ich fand es sehr schwer, einen Ort zu finden, wo man Herrn Pokorny gut filmen kann. Wir wollten auf dem Reha-Gelände im Freien drehen und wir mussten einen Ort finden, der abgelegen genug ist, dass nicht andauernd Menschen vorbei laufen, die uns reinreden und ablenken. Und dann mussten wir auch einen Ort finden, an dem es mit der Sonne und dem Licht gepasst hat. 

 

Was ist erstaunlich gut gelaufen?

Der Ton! Ich war mir eigentlich sicher, dass wir irgendwas beim Ton falsch machen würden, weil wir nicht genau wussten, wie wir ihn einstellen müssen und weil wir direkt am See saßen und alle halbe Stunde eine Fähre vorbeigefahren ist, die laute Wellen verursacht hat. Wir mussten immer unterbrechen und schauen, dass die Wellen und die Geräusche nicht überdecken, was Herr Pokorny sagt. Wir waren uns auch nicht immer sicher, ob die Leute, die im Hintergrund vorbeilaufen, nicht zu laut waren. So was in die Richtung. Aber das scheint, soweit ich es angekuckt habe, zu passen.

 

Was war schwieriger, als du gedacht hattest?

Die Sachen zu transportieren und aufzubauen. Wenn man nur zu zweit ist, hat man einfach ziemlich viel zu Tragen und es ist sehr anstrengend, alles von A nach B zu transportieren. Auch der Aufbau dauert, und man möchte den Protagonisten ja nicht warten lassen. Das fand ich anstrengend.

 

Wie seid ihr am Drehtag dann vorgegangen?

Wir haben uns direkt mit Herrn Pokorny getroffen und haben als erstes das Interview mit ihm gedreht. Dafür haben wir uns einen Ort ausgesucht und uns dort aufgebaut. Dann haben wir uns erstmal ewig mit ihm unterhalten und ihn reden lassen und sind dann noch ein bisschen rumgelaufen, um Schnittbilder zu finden, die uns gefallen.

 

Ein Satz, den dein Protagonist gesagt hat, der dir im Gedächtnis geblieben ist.

"Helfenbrunn, das ist was Großes!" Weil ich eben schon seit 17 Jahren in diesem Dorf lebe und es ist wirklich nicht groß. Und da geht überhaupt nichts ab, es ist einfach irgendein Dorf von vielen, vielen kleinen Dörfern, irgendwo im Umkreis von München. Aber für ihn ist das voll das Zentrum, weil da seine Bauten sind und weil da sein Haus ist. Für ihn ist es wirklich was Großes. Das so von ihm zu hören fand ich schon sehr, sehr lustig.

 

Was war wichtig, im Unterricht gelernt zu haben?

Die ganze Kamera- und Tontechnik. Dass man sich damit mal auseinandergesetzt hat und einigermaßen wusste, was man beachten muss. Ich fand auch sehr gut, sich mit Filmen auseinanderzusetzen und sie zu analysieren: Was machen die, um was darzustellen und welchen Effekt haben einzelne Elemente im Bild. Das fand ich sehr wichtig, dadurch hatte man sehr viel Inspiration und wusste in etwa, was man machen kann und was man machen könnte.

Was hast du durch Learning by Doing gelernt?

Dass man bei learning-by-doing zwar Fehler macht, dafür hat man den Fehler dann einmal gemacht und macht ihn dann höchstwahrscheinlich nicht so schnell nochmal. Ich weiß gar nicht, ob man sowas wie Filmen anders als so lernen könnte. Ich glaube das ist nichts, was man ganz in der Theorie lernen kann.

 

Was hast du fürs Leben gelernt?

Ich hab mittlerweile viel mehr Interesse daran, überhaupt Dokumentarfilme anzuschauen und mich mit ihnen auseinander zu setzen. Es verändert sich jetzt auch die Sichtweise, wie ich Filme ganz allgemein schaue, weil ich nicht mehr so sehr auf die Handlung oder das, was die Schauspieler machen, fixiert bin und ich mich viel mehr damit auseinandersetze, wie was jetzt gedreht wurde und warum sie jetzt aus dem und dem Blickwinkel drehen. 

 

Welche Tipps hast du für jemanden, der seinen eigenen Film macht?

Wenn man ein Bild im Kopf hat, wie es aussehen soll, sollte man nicht enttäuscht sein, wenn es vielleicht nicht ganz so aussieht. Denn dann kann es trotzdem gut sein und es können tolle Bilder dabei rauskommen. Man macht am Anfang dauernd Fehler, aber das ist nicht so wichtig. Das wird alles mit der Zeit.

 

Beschreibe oder bewerte das Projekt mit drei Wörtern.

Aufregend, aufwendig, motiviert.

 

Interview von Vivienne Zenz