• Fr., 05.05.06
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JOHN & JANE

IND 2005 – Regie: Ashim Ahluwalia – Originalfassung: Englisch – Untertitel: Deutsch – Länge: 83 min.

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Global Talkers. Nicht nur T-Shirts und Turnschuhe werden in so genannten Billigländern hergestellt. Auch der Service-Sektor wird immer stärker nach Asien ausgelagert. Die globale Dienstleister-Mittelklasse sitzt im Call-Center in Mumbai.

Junge Inder, die nachts in 14-Stunden-Schichten telefonieren und die Tage in der tropischen Hitze verschlafen. Sie arbeiten in den USA, wenn sie Topfsets und Telefonanschlüsse in Kentucky oder Idaho verkaufen, und leben in einem Indien, aus dem sie noch nie weggekommen sind. John & Jane gibt sechs jungen Call-Agents, die in dieser virtuellen Realität zuhause sind, ein Gesicht: Sie bewegen sich zwischen riesigen Einkaufszentren und gläsernen Büros, absolvieren Selbstfindungskurse und Job-Schulungen. Aus Amerika prasseln Ideen und Einflüsse auf sie ein - intensiv aber nie ganz greifbar. Sie nennen sich Naomi, Glen oder Sydney, färben sich die Haare, hellen ihre Haut auf und üben New-Age-Mantras. Ihre futuristisch anmutende Welt ist kein Zukunftsszenario – es ist die globalisierte, verkabelte Welt des 21. Jahrhunderts, in der wir leben.

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"Was der weltweite Wettbewerb mit deutschen Arbeitsplätzen anstellt, darüber ist hier jeden Tag in den Zeitungen zu lesen. Doch was macht die globale Vernetzung eigentlich mit den Menschen in den so genannten Billigländern, die im transnationalen Geschäft ihren Lebensunterhalt verdienen? Dabei sind hier nicht die gemeint, die für Hungerlöhne T-Shirts und Barbiepuppen zusammenflicken, sondern die globale Dienstleister-Mittelklasse: virtuelle Welten-Reisende, die ihre Tage in Indien verschlafen und nachts 8-teilige Pfannkuchensets in Idaho oder Illinois verkaufen.

'John & Jane' fängt an in einer solchen indischen Nacht mit einer langen Autofahrt durch die Straßenschluchten einer Großstadt irgendwo auf der Welt. Die Leuchtschriften, die sich in den Schaufensterscheiben spiegeln, sind englisch. Auch die Büroprotzarchitektur des Call-Centers gibt über das Wo keine Auskunft. Nur zu Hause kocht Muttern noch indisch. Doch die kapitalistische Dienstleistungsideologie kann auch sie perfekt erklären. Auch die Firma schickt ihre Angestellten nach der Arbeit zu Kursen, wo sie sich in den Vorzügen amerikanischer Lebensweise fortbilden. Eine Lebensweise, die die meisten der Call-Agenten wohl nie aus der Nähe kennen lernen werden, auch wenn die schwer blondierte Sidney wie eine Europäerin aussieht. Die meisten Namen sind auch englisch. Und die Träume feiern sowieso auf der anderen Seite des Ozeans anglo-asiatische Koexistenz. Glen etwa hat die Erfolgs-Botschaft des Kassetten-Kurses „The Magic of Believing“ so gründlich internalisiert, dass er sich ganz sicher ist, bald eine kalifornischen Traumvilla zu bewohnen.

Osmo und Nikki, Glen und Sidney arbeiten in einem der vielen Call-Center in Bombay für Telefonverkaufsfirmen oder die Better Business Hotline. Sechs Mitarbeiter eines Unternehmens stellt uns der Film des jungen indischen Regisseurs Ashim Ahluwalia vor. Gleich ist ihnen die virtuelle Zwischenwelt, in der sie leben.

„John & Jane“ verzichtet auf Wertungen, versucht stattdessen in sorgfältig komponierten 35-mm-Bildern diesen fragilen Realitätsstatus auch sinnlich erfahrbar zu machen. Verdichtet werden Interviews, Stadtansichten und beobachtende Passagen durch einen ausgefeilten Soundtrack mit diskreter elektronischer Musikunterstützung. Mit den im Dokumentarfilm üblichen folkloristischen Indienbildern hat „John & Jane“ auch sonst dankenswerterweise gar nichts zu tun. Eher schon könnte man ihn sehen als würdige dokumentarische Fortsetzung von George A. Romeros „Night of the Living Dead“.

Silvia Hallensleben, Tagesspiegel Online vom 10.2.2006

ASHIM AHLUWALIA, geb. 1972 in Mumbai, Indien. Studierte Film am Bard College, New York. 1999 Gründung der Produktionsfirma Film Republic.

Filme 2002 Thin Air, 2005 John & Jane

Kamera: Mohanan and Mukul Kishore. Ton: Mohandas and Tarun Bhandari. Schnitt: Ashim Ahluwalia and Shai Heredia. Musik: Masta' Justy. Produktion: Future East Film. Produzent*in: Shumona Goel. Vertrieb: Cinetic Media.

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