FRANZIA

Abschiebepraxis in Bayern. Dimitri O. kämpft seit 11 Jahren um ein Bleiberecht in Deutschland. Er ist Deserteur der russischen Armee. Bei seiner Rückkehr nach Russland drohen ihm bis zu 15 Jahren Haft. Das Konsulat aber verweigert die Papiere über seinen Militärdienst. Offiziell hat die Desertion somit nie stattgefunden. Seit seiner Ankunft in Deutschland versuchen die bayerischen Behörden, Dimitri O. loszuwerden.

Im September 2002 wird er im "Ausreisezentrum" in Fürth untergebracht. Hier soll die "Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise gefördert werden" (so Bayerns Innenminister Beckstein). Das Leben hier ist wie in einem Knast mit Freigang: 40 Euro Taschengeld im Monat, tägliche Essensrationen, Arbeitsverbot, Ausgangserlaubnis nur ins Stadtgebiet. Dimitri ist ein Zaungast der Republik. Den Tag verbringt er in einem Einkaufszentrum, streift abends über einen Jahrmarkt, nachts kehrt er in das vergitterte Zentrum zurück. Eigentlich wollte Dimitri immer nach Frankreich gehen, ein Traum seiner Kindheit. Am 5. Mai 2003 endet dieser für immer: Er wird nach Russland abgeschoben.

"Ich bin jetzt ein Mensch ohne Rechte, ohne Staatsangehörigkeit, man kann sagen, auch ohne Identität. Es will mich eigentlich keiner haben, nicht die Russische Föderation, weil ich dort als Verräter gelte, und Deutschland nicht, weil ich kein Bleiberecht habe. Ich bin einfach ein Ausländer, der muss zur Ausreise aus Deutschland gezwungen werden." (Dimitri O.)

"Asylbewerber werden immer einfallsreicher, wenn es darum geht, eine drohende Ausreiseverpflichtung zu unterlaufen… Wir haben deswegen die Ausreiseeinrichtung geschaffen. Den Betroffenen wird deutlich gemacht, dass ein Daueraufenthalt in Deutschland nicht in Betracht kommt, und dass es keine Alternative zur Ausreise gibt." (Günter Beckstein, Bayerischer Innenminister)