DAS WIRST DU NIE VERSTEHEN

"In meinem Film geht es um drei Frauen, die dem, was in der Geschichtswissenschaft als Täter- und Opfergeneration bezeichnet wird, angehören. Mit ihren unterschiedlichen Lebensgeschichten, unterschiedlichen Erzählungen und Erinnerungen leben sie alle in einer Familie, in meiner Familie." Auf eine sehr persönliche Art versucht Anja Salomonowitz - Jahrgang 1976 - Familiengeschichte zu rekonstruieren und dabei individuelle Strategien des Erinnerns und Verdrängens aufzudecken. Alle drei Frauen, die im Zentrum ihrer filmischen Spurensuche stehen, haben die NS-Zeit als Mädchen erlebt, doch sie standen auf verschiedenen Seiten. Ihre Großtante Hanka hat Auschwitz überlebt. Zu schmerzvoll scheint das Gedenken, zu ungeheuerlich das Erlebte, als dass sie darüber reden möchte. Die brav katholische Großmutter Margit hingegen gehört zur schweigenden Mehrheit, die nichts gewusst haben will und jeder Auseinandersetzung mit der Vergangenheit beharrlich aus dem Weg geht. Das ehemalige Kindermädchen Gertrude Rogenhofer erzählt von ihrer Jugend, in der sie für sozialistische Ideale kämpfte und sich gegen das System auflehnte, und sei es nur im Kleinen.

Auf ihrer Reise in die Familiengeschichten, die sich aus der "großen" Geschichte nicht herauslösen lassen, stößt die Wiener Filmemacherin immer wieder auf Risse und Widerstände. Sie arbeitet sich daran ab, streut essayistische Exkurse ein, stilisiert die Bilder sanft, indem sie Textilien und Interieurs in Weiß hält. Indem sie am Ende selbst vor die Kamera tritt, entzieht sie sich der Verantwortung nicht - selbst wenn sie in ihrem Wunsch, die Dinge zu klären, letztlich scheitern muss.