DAS FESTIVAL IM FESTIVAL

Ein Gespräch mit der ehemaligen Projektleiterin Nora Moschüring über das Filmschulfestival beim DOK.fest München

Das Filmschulfestival versteht sich als Festival im Festival. Was heißt das und worum geht’s dabei?

Wir machen eigentlich genau das, was auch das große Festival macht: Wir wählen Filme aus und haben einen eigenen Preis, den Megaherz-Filmschulpreis, der von einer Studentenjury vergeben und im Rahmen der DOK.fest Preisverleihung überreicht wird. Außerdem gibt es zu jedem Screening ein moderiertes Gespräch mit den Filmemachern. Also: Wir sind ein eigenes kleines Festival, das sich auf Hochschulfilme konzentriert.

Ihr habt in diesem Jahr Einreichungen von 13 Hochschulen bekommen. Kann man da Unterschiede zwischen den verschiedenen Adressen feststellen? Gibt es so etwas wie ein Markenzeichen einer bestimmten Hochschule?

Dazu kurz vorweg: Wir hatten in diesem Jahr 16 Hochschulen angeschrieben und warten immer erst einmal ab, was zurück kommt und ob sich daraus ein Programm machen lässt. Es ist nämlich sehr unterschiedlich, was von Jahr zu Jahr an Hochschulen produziert wird. Einerseits gibt es Schulen wie die Filmakademie Ludwigsburg, die DFFB oder die HFF München, die jedes Jahr viele Filme schicken, aus denen man auswählen kann. Andererseits gibt es zum Beispiel die IFS Köln oder die HfG Karlsruhe, wo jährlich nicht so viele Dokumentarfilme entstehen.

Neben den Filmhochschulen sind auch Kunsthochschulen dabei. Da liegt Fokus eben nicht unbedingt auf Dokumentarfilmen. So kann es sein, dass bestimmte Hochschulen wieder aus dem Filmschulfestival herausfallen.

Ich mache das Filmschulfestival jetzt zum dritten Mal und glaube, ich kann mittlerweile ganz gut erkennen, wo die Unterschiede der einzelnen Schulen liegen –
inhaltlich, aber besonders auch ästhetisch. Es ist wirklich erstaunlich, dass man sagen kann, woher ein Film jeweils kommt – ohne, dass damit freilich ein qualitatives Urteil verbunden ist. Dabei bedingen sich die Vorlieben des einzelnen Regisseurs und die Ausrichtung der Hochschule sicherlich wechselseitig. Jedenfalls ist es sinnvoll, sich zuerst einmal anzuschauen, was an einer Hochschule für Filme entstehen, bevor man sich bewirbt.

Was macht einen typischen Hochschulfilm aus? Gibt es bestimmte thematische Schwerpunkte, die dir auffallen?

Als ich angefangen habe, wusste ich, dass die Studentenfilme oft – nicht immer –
von der Hochschule und teilweise zusätzlich von Sendern finanziert werden, also gut ausgestattet sind. Trotzdem habe ich erst einmal angenommen, dass sich junge Filmemacher eher für lokalere, persönlichere oder familiäre Geschichten interessieren.

Aber so war es dann überhaupt nicht. Im Gegenteil: Filmstudenten reisen oft sehr weit und decken alle möglichen globalen Themen ab. Dieses Jahr haben wir z.B. einen Film über den Weltuntergang im Programm, einen Film über das Altern und damit verbundene Selbstmordgedanken oder einen Film über das Leben von mexikanischen Hausangestellten. Übrigens sind ganz unterschiedliche Formate vertreten - erste Filme genauso wie Abschlussfilme, Kurz- und Langfilme. Insgesamt gab es in diesem Jahr 130 Einsendungen.

Wie läuft der Auswahlprozess ab? Bist du die einzige, die die Filme aussucht?

Ich habe auf jeden Fall alle Filme gesehen. Es gibt aber noch drei andere Kuratoren, die die Auswahl mitbestimmen. Wir diskutieren im Team und schlagen teilweise auch Filme für das Hauptprogramm vor bzw. bekommen Filme von den DOK.fest-Kuratoren, wenn sie von einer Hochschule eingereicht wurden und vielleicht eher ins Filmschulfestival passen.

Zu unserem Sichterteam gehören Sebastian Sorg, der Leiter des DOK.forum, der selbst auch Dokumentarfilm studiert hat, Flora Roever, Fotografin und seit vielen Jahren dem Dokumentarfilm auf vielfältiger Weise verbunden sowie Florina Vilgertshofer, die als Dramaturgin in der freien Theaterszene arbeitet und unser Team immer wieder verstärkt. Außerdem kommt Daniel Sponsel, der Festivalleiter, oft bei uns vorbei, sichtet selbst Filme und diskutiert mit.

Auch in der Jury sitzen Studenten von Hochschulen. Wie muss man sich das vorstellen?

Wir versuchen jedes Jahr von jeder Hochschule einen Studenten, dessen Film nicht läuft, als Juroren einzuladen. Idealerweise ist dann von jeder Hochschule jemand vertreten.

Meist sitzen die Juroren mit im Kino. Nur in Einzelfällen werden in der HFF Extra-Screenings angesetzt. Im Anschluss gibt es dann eine gemeinsame Jurysitzung. Fast schade, dass diese Besprechung im Geheimen stattfindet, weil oft so angeregt und spannend diskutiert wird.

Was kann das Festival im Festival für den jungen Dokumentarfilm leisten?

Man macht Filme ja immer für Publikum. Bei uns haben die Studenten die Chance, ihren Film im Rahmen eines großangelegten Festivals öffentlich zu zeigen. Die Filme bekommen also einen Ort, ein Kino und Publikum. In den moderierten Gesprächen treffen die Filmemacher dann direkt auf ihre Zuschauer. Und schließlich erleben letztere ein Programm, das dem „großen“ Festival in nichts nachsteht. Ich finde sogar, dass sich die Jungen oft mehr trauen. Sie sind sehr experimentierfreudig, fantasievoll und mutig.

Was fasziniert dich bei deiner Arbeit am meisten?

Was mir am meisten Spaß macht, ist die Filmauswahl und die Diskussion über einzelne Filme. Natürlich ist es zwischendurch auch anstrengend, aber es gibt immer
wieder sehr viel zu entdecken. Auch der Kontakt mit den jungen Filmemachern ist toll. Man spürt einfach die Leidenschaft, die dahintersteht – bei jedem einzelnen Film, aber eben auch bei den Menschen, die die Filme gemacht haben.

Das Gespräch führte Anne Thomé.