5 Fragen an Barbara Off – Projektleiterin DOK.network Africa

Im Rahmen von DOK.network Africa stand beim DOK.fest 2014 ein Tag ganz im Zeichen des Afrikanischen Kontinents. Im Völkerkundemuseum wurden unter dem Motto „Eine Frage der Perspektive!?" vier Filme aus und über Afrika gezeigt. Barbara Off leitet das Projekt, wofür Sie 2013 auf Einladung des Goethe-Instituts das International Documentary Film Festival iREP in Lagos besuchte.

Herzstück des Projekts DOK.network Africa ist die Kooperation mit dem iREPRESENT Dokumentarfilmfestival in Lagos, Nigeria. Wie ist das Festival und wie gestaltet sich die Zusammenarbeit?

Das iREP ist ein internationales Festival, aber viel kleiner als das DOK.fest. Es geht über vier Tage jeweils Ende März und existiert seit vier Jahren. Es findet in dem sogenannten Freedom-Park statt, der unter Britischer Kolonialherrschaft ein Gefängnis war und heute eine Kulturstätte, ein aufbereiteter historischer Ort mit Museum, Gallerie, einer Bühne und einem Freiluftkino, wo kulturelle Veranstaltungen unetrschiedlichster Couleur stattfinden. Für das Festival wurde dieses Jahr extra ein Zelt mit einer Leinwand aufgestellt. Jedes Jahr gibt es ein Thema, um das sich die Filme und die Diskussionen ranken, dieses Jahr war das „Rhythms of Identity". Man sieht zum großen Teil jeden Tag die gleiche Gesichter unter den Zuschauern, was schön ist, weil dadurch in den Diskussionen Themen gut erarbeitet werden können.
Teil der iREP-DOK.fest Koooperation ist es, gegenseitig Filme für die jeweiligen Festivals zu kuratieren. Wir schlagen ihnen Filme aus unserem deutschen Wettbewerb DOK.deutsch vor, die die Lebenswelt hierzulande zeigen. Probleme die uns hier beschäftigen, die aber auch eine Relevanz dort haben, weil sie universell sind. Wir wollen nicht mit von Deutschen gemachten Filmen über Afrika nach Afrika gehen. Daher haben wir dieses Jahr STILL von Matti Bauer mit nach Lagos genommen. Das ist das Porträt einer oberbayerischen Sennerin, die sich entscheiden muss, ob sie den elterlichen Hof übernimmt oder ihrem Freiheitsdrang nachgeht und ihr eigenes Ding macht. Der Generationenkonflikt wie auch die Zukunft der Landwirtschaft sind Themen, die hier wie dort eine Rolle spielen.

Ihr kritisiert das verzerrte Bild, das wir durch die Medien von Afrika vermittelt bekommen. Wie sieht es mit der Wahrnehmung von Europa in Afrika aus?

Europa gilt natürlich - genauso wie die USA - als Eldorado, wo man Geld verdienen kann, wo alles einfacher ist, wo das Leben angenehmer ist. Viele Leute ahmen den Stil der Amerikaner nach. Das merkt man auch in den Filmen und ganz besonders in der Musikindustrie, in den Musikvideos. Es gab eine sehr interessante Diskussion auf dem iREP, bei der es um Musikvideos als einer Art des Dokumentarfilms ging. Und darüber, wie die jungen Menschen in Nigeria ihre Identität sehen („Rhythms of Identity"). Da waren ältere Leute dabei, die den jungen Leuten vorwarfen, ihre Traditionen, das Nigerianische an sich selbst zu vergessen, nur nach Europa und USA zu schauen, versuchen, etwas zu sein, was sie gar nicht sind.
Interessant war auch die Filmvorstellung des Films LAND IN SICHT von Judith Keil und Antje Kruska auf dem iREP 2014. Der Film portraitiert drei Asylbewerber auf der Suche nach dem goldenen Westen. In einer Szene geht ein Kameruner in eine Disco und macht sich an eine ältere Frau ran, weil ein Freund ihm sagt, er müsse heiraten, um in Deutschland bleiben zu können. Das hat das nigerianische Publikum sehr schockiert, dass dieser „afrikanische Landsmann" von ihnen sich im gelobten Land so prostituieren muss. Die Festivalbesucher des iREP gehören selbst eher zur kulturellen Elite und sind nicht unbedingt direkt betroffen. Die Ausweglosigkeit, in der sich Asylbewerber befinden können, ist ihnen nicht bewusst.

Wie habt ihr die Filmauswahl für den Afrika-Tag beim diesjährigen DOK.fest getroffen?

Ich wollte mit der Veranstaltung die Diskussion aufmachen zwischen jungen Filmemachern, die Filme aus Afrika präsentieren, und deutschen Filmemachern, die Filme über Afrika machen. Auf der einen Seite Gilbert Ndahayo (RWANDA: BEYOND THE DEADLY PIT) aus Ruanda , der erste Ruander , der einen Film über den Völkermord gemacht hat; und auf der anderen Seite Steffen Weber (ZURÜCK IN DEN SÜDEN) und Florian Schewe (WE WERE REBELS) mit ihren Filmen aus der deutschen Perspektive. Steffen hat einen Film über einen politischen Flüchtling aus dem Kongo und seiner Odysse durch Afrika, um letztlich Asyl in Frankreich zu bekommen, gemacht .
Florian und seine Kollegin Katharina von Schröder hatten ihren Film über die Entstehung des Südsudans zunächst als ein kollaboratives Onlinefilmprojekt geplant und wollten das zusammen mit sudanesischen Filmemachern auf die Beine stellen. Als Ausgangspunkt haben sie sich vorab die Frage gestellt: Wie kann ein Deutscher eigentlich die Afrikanische Geschichte erzählen? Damit haben sie sich kritisch auseinandergesetzt und das wurde dann auch Thema unserer Diskussion.

Wie hast du die Veranstaltung erlebt, wie war die Resonanz?

Das Problem ist, dass die afrikanischen Filme den ästhetischen oder qualitativen Sehgewohnheiten und Erwartungen des deutschen Publikums hier meist nicht entsprechen können. Daher hat es mich besonders gefreut, dass der Film über Ruanda so gut ankam und auch sonst die Veranstaltungen ziemlich gut besucht waren. Und deswegen ist es auch so wichtig, dass man weiterhin afrikanische Filmemacher einlädt, damit sie ihre Filme vorstellen können, damit man hier einen unverfälschten Blick darauf hat, was dort vor sich geht. Es wurde sogar an uns herangetragen, dass wir doch den Afrika-Tag auch in Zukunft fest beim DOK.fest etablieren sollten.

Wie geht es jetzt mit dem Projekt weiter?

Über die Kooperation mit dem iREP in Lagos planen wir, uns mit weiteren Dokumentarfilmfestivals auf dem afrikanischen Kontinent zu vernetzen und den kulturellen Austausch mit afrikanischen Ländern über das Medium Dokumentarfilm weiter auszubauen. Um das und die Institutionalisierung eines Afrika-Tages zu bewerkstelligen, müssen wir uns jetzt aber erst einmal auf die Suche nach neuen Förderern und Sponsoren machen.

Interview: Samay Claro